4. DEMOKRATISCHE ANSÄTZE IM 15. JAHRHUNDERT?                      

In der Saarburger Chronik von 1991 findet sich zu der folgenden Urkunde diese Einleitung:  
Man könnte meinen, die Mitte des 15. Jahrhunderts sei für Saarburg eine Zeitspanne
des ungestört blühenden Aufbaus gewesen. Der Schein trügt etwas, und erneut gingen die Querelen von Trier aus. Erzbischof Jakob glückte zwar durch zahlreiche Finessen und energisches Zupacken die Verringerung der schweren Schuldenlast, aber dennoch blieben die erzbischöflichen Finanzen in kritischem Zustand. Auch die Vermögenslagen des Domkapitels und der Stadt Trier waren infolge der Manderscheider Fehde (einer sechsjährigen Auseinandersetzung seit 1430  zwischen dem vom Papst ernannten Erzbischof Raban von Speyer und dem Bischofskandidaten eines Teils des Domkapitels, nämlich Ulrich von Manderscheid; redaktionelle Anmerkung) ähnlich schwer geschädigt. Am 10. Mai 1456, noch zu Lebzeiten des erkrankten Erzbischofs, traten die Vertreter der weltlichen Stände des Erzstiftes zusammen - der Adel (aus dessen Reihen auch die Mitglieder des Domkapitels stammten) und die städtische Bürgerschaft - und beschlossen, in Zukunft keinen neuen Erzbischof anzuerkennen, ehe sie nicht mit ihm bindende Abmachungen (sogenannte Wahlkapitulationen) über die politischen, besonders finanziellen Maßnahmen und Freiheitsrechte der Landstände getroffen hätten. Dieser Vereinigung der Landstände traten auch die Städte Trier, Koblenz, Boppard, Oberwesel, Limburg, Montabaur, Münstermaifeld, Mayen, Cochem, Bernkastel, Wittlich und Zell sofort bei, am 17. Juli noch Kyllburg. Am 6. August schloss die Stadt Saarburg sich an. Die Beitrittsurkunde ist in einer Abschrift aus dem Jahr 1729 erhalten:
______________________________________________________

Aufgaben:

1.      Zu einer Urkunde gehören bestimmte Merkmale wie Einleitung, Hauptteil, Schlussteil, Nennung der Vertragspartner, Vertragsinhalte, Vertragsbekräftigung. Versuche diese Elemente in dieser Urkunde zu finden!

2.   Wer sind die Vertragspartner? 

3.   Welche Verpflichtung nehmen sie auf sich? Nimm die Erläuterung zu Hilfe!

4.   Wenn von “graven, herren, ritterschaft, stede und landschaft” gemeinsam die Rede ist, lässt sich eine ganz bestimmte politische Absicht vermuten. Welche?

5.    Vergleiche die Situation des Trierer Erzbischofs dieser Urkunde zu Folge mit der seines Vorgängers am Beginn des Jahrhunderts!

6.   Informiere Dich über ähnliche und vergleichbare Reformbestrebungen im Reich!

7.   Belegt diese Urkunde einen Demokratisierungsprozess? 

8.   Unter jede wichtige Urkunde wurde das Siegel des Ausstellenden gehängt. Informiere dich über die Bedeutung eines Siegels für eine Urkunde.

9.   Beschreibe das abgebildete älteste Siegel der Stadt Saarburg (LHA Koblenz, 1 A Nr. 5328, vom 29.06.1346). Die Umschrift lautet: “sigillum opidi Sarburch”. 

Literatur und Abbildung des Siegels aus: 1000 Jahre Saarburg 964 - 1964, hrsg. von Philipp Wey, Saarburg 1964, S. 13.-

Wir, der Bürgermeister, die Schöffen und der Rat der Stadt Trier tun kund und bekunden öffentlich mit dieser Urkunde, dass wir durch unsere Anstrengung und unseren guten Willen – da die aufrechten und ehrbaren Leute mit Namen Oswald von Bellenhausen, Amtmann zu Saarburg, Oswald von Bellenhausen der Junge, Volker von Ellentz, Vogt zu Wincheren, Peter von der Leyen, Heinrich von Bubingen, Schultheiß, Schöffen, Zender und die ganze Gemeinde der Stadt und des Amtes Saarburg sich der Vereinigung anschließen wollen, in der sich die Grafen, Herren, die Ritterschaft, die Stände und die Landschaft des Stifts von Trier nach dem Wortlaut der Vereinigungsurkunde zusammengetan und vereinigt haben (d.h. also die Landstände) – dass wir also dieselben vorgenannten Saarburger mit Autorisierung, Befehl und Erlaubnis der obengenannten Grafen, Herren, Ritterschaften, Städten und der Landschaft, die sich zuletzt zu Koblenz auf einer Versammlung getroffen hatten, in die (landständische) Vereinigung aufgenommen haben und dass wir deren Gelübde, Eide und deren Beibriefe mit ihren anhängenden Siegeln wie auch die Beibriefe der Mitglieder der genannten (landständischen) Vereinigung, die es ebenfalls inhalten wollen und ihm nach dem Inhalt der Gründungsurkunde Folge leisten wollen, empfangen haben.

Gleichermaßen geloben wir den vorgenannten Saarburgern, so zu handeln, wie die Landstände gemeinschaftlich und wir mündlich und schriftlich zugestanden haben, und zwar ohne Arglist und Hintergedanken in allen oben aufgezählten Punkten. Und um dies zu beurkunden haben wir, Bürgermeister, Schöffen und Rat der Stadt Trier unser städtisches Sekretsiegel an diesen Brief gehängt. Gegeben im Jahre des Herrn 1456 am Tag des hl. Papstes Sixtus.”

(aus: Saarburg. Chronik einer Stadt I, S.103. - Übersetzung: A. Reverchon)