16. DIE ZENTRUMSPARTEI 1881
|
Wähler des Stadt- und Landkreises Trier! Die Centrumsfraktion des Reichstages hat folgenden Wahlaufruf erlassen: Die Neuwahlen zum deutschen Reichstage stehen bevor. In unserem Wahlaufruf vom Juni 1878 haben wir auf die auflösenden Bestrebungen des modernen Liberalismus, auf den Abgrund religiösen und sittlichen Verfalles hingewiesen, aus welchen die furchtbaren Verbrechen aufsteigen, welche die gesellschaftliche und staatliche Ordnung bedrohen. Dieser Mahnruf: Die rechten Mittel zur Heilung der Schäden, welche das Leben des deutschen Volkes vergiften, anzuwenden, hat eine genügende Beachtung nicht gefunden, die beklagenswerthen Zustände sind wesentlich dieselben geblieben. Um so ernster und dringender müssen wir heute an erster Stelle wiederholen, was wir im Juni 1878 gesagt: "Eine Besserung und Heilung kann vor Allem nur dadurch erzielt werden, daß dem Volke die Religion erhalten, daß christlich gläubige Gesinnung geweckt, gefördert, in Unterricht, Erziehung, Bildung und Wissenschaft, wie in der Gesetzgebung und im öffentlichen Leben die Richtschnur wird. Daher verlangen wir mit aller Entschiedenheit freie Bewegung für die Kirche und Beseitigung derjenigen Reichsgesetze, welche Selbstständigkeit und Rechte der Kirche beeinträchtigen, die segensreiche Wirksamkeit ihrer Genossenschaften und das in der Verfassung garantierte Heimatsrecht der Reichsbürger verletzen. Für die Sicherung der staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung ist die Achtung und Handhabung der verfassungsmäßigen Rechte und Freiheiten unerläßlich. Dem entsprechend haben wir unsere Forderung auf die Bewahrung des verfassungsmäßigen Grundcharakters des Deutschen Reiches als eines Bundesstaates in der abgelaufenen Legislaturperiode, wo immer nöthig und möglich, zur Geltung gebracht und werden auch ferner treu festhalten an diesem, dem Rechte, dem Charakter und dem Wohle des deutschen Volkes gleich sehr entsprechenden Grundsatz. Auf Anregung und unter Mitwirkung der Centrums-Fraktion hat die Umkehr zu einer den Interessen der vaterländischen Produktion entsprechenden Wirthschaftspolitik, haben die Reformen zu Gunsten des Handwerker- und Arbeiter-Standes begonnen. Bei voller Bereitwilligkeit, dieselben auch ferner zu unterstützen, werden wir uns zugleich der Gefahren bewußt bleiben, welche ein Uebergreifen der Staatsgewalt über ihre berechtigte Machtsphäre hinaus auf allen Gebieten nach sich zieht. Der nicht minder wichtige Zweck der Steuerreform, die Erleichterung der direkten Steuern, die Entlastung der Einzelstaaten und Kommunen kann nur erreicht werden durch eine von uns stets vertretene und hier ausdrücklich aufs Neue geforderte Finanzwirtschaft, welche vor Allem eine Beschränkung der gegen unsere Stimmen so sehr vermehrten Ausgaben und zwar an erster Stelle beim Heerwesen, ins Auge faßt. Wir halten fest an unserem früheren Ausspruch, daß wir nicht die Vermehrung der Steuern und Lasten, vielmehr nach Möglichkeit deren Verminderung und gerechte Vertheilung wollen. Wir werden gleicher Weise fort und fort dafür eintreten, die Hebung des allgemeinen Wohlstands in Landwirthschaft und Gewerbe durch weise Fürsorge für deren Interessen zu fördern und den berechtigten Ansprüchen des Arbeiterstandes gerecht zu werden. Mit diesen unabänderlichen, weil wahren Grundsätzen, deren Betreuung wir in treuer Ausdauer unsere Kräfte gewidmet haben, treten wir abermals vor unsere Wähler. Wir werden, so viel auch angefeindet und verleumdet, ungebrochenen Muthes für dieselben weiter kämpfen, wenn unsere Wähler, wie bisher, mit uns an denselben festhalten und dieses durch ihre Wahl bethätigen. Wir fordern sie dazu auf in der Zuversicht, daß Keiner zurückbleibt, wo es gilt, in unerschütterlicher Eintracht und damit Stärke mit uns festzuhalten die alte ruhmreiche Fahne: Mit Gott für Wahrheit, Freiheit und Recht! Im Juni 1881 Der Vorstand der Centrums-Fraktion des deutschen Reichstages während der vierten Legislaturperiode: Carl, Freiherr von Aretin; Graf Ballestrem; Graf von Bernstorff; Dr. Graf Bissingen-Niippenburg, Freiherr zu Franckenstein; Frehing, Lender; Dr. Reichensberger (Olpe) Freiherr von Schorlemer-Ulft; Dr. Windthorst. |
Im Anschlusse an vorstehenden Aufruf richtet das unterzeichnete Comite an die Gesinnungsgenossen in Stadt- und Landkreis Trier die dringende Bitte, bei der bevorstehenden Reichtstagswahl sich vollzählig einzufinden und ihre Stimmen auf unseren bisherigen bewährten Abgeordneten, Herrn Dr. Paul Majunke in Berlin, vereinigen zu wollen. Es gilt zu zeigen, daß das katholische Volk nach wie vor treu zu der ruhmvollen und unbefleckten Fahne des Centrums steht und fest entschlossen ist, in dem nach keineswegs ausgefochtenen Kampfe um Freiheit und Selbstständigkeit der Kirche bis zum Ende auszuharren. Wir dürfen auch, auf Grund der bisherigen Erfahrungen , zu der Fraktion des Centrums das zuversichtliche Vertrauen hegen, daß sie in volkswirthschaftlichen Fragen (Tabakmonopol, Unfallversicherung und Altersversorgung) gegen alle staatssozialistischen Bestrebungen die Rechte und Interessen der Bevölkerung vertheidigen, und daß sie namentlich auch für die immer lauter werdenden Forderungen des Handwerkerstandes auf Einschränkung der zügellosen Gewerbefreiheit und Gründung lebensfähiger Innungen mit aller Entschiedenheit eintreten werde. Trier, den 12. Oktober 1881 Das Wahl-Comite der Centrums-Partei für Stadt- und Landkreis Trier: Becker,
Matthias, Kaufmann, Trier; Blau,
Matthias, Rentner, Löwenbrücken; Clotten,
Peter, Rentner, St. Paulin; Dasbach,
Friedrich, Kaplan und Buchdruckereibesitzer, Trier; de
la Fontaine, Notar, Trier; Gebert,
Gutsbesitzer, Clüsserath; Gleser,
Peter, Ackerer, Mettnich; Dr.
Görtz, Damian, Rechtsanwalt, Trier; Hansen,
Damian, Rentner, Trier; Hegener,
Rentner, Irsch; Jägen, Hieronymus,
Bankdirektor, Trier; Krekler, Pastor,
Trierweiler; Laub, Gerhard,
Geschäftsführer, Trier; Limburg, Gutsbesitzer
und Posthalter,Helenenberg; Lortz, Thomas
Joseph, Gold- und Silberarbeiter, Trier; Löwen,
Joh.Jos., Weinhändler, Trier; Lurtz,
Anton, Kaufmann, Trier; Marchand,
Rgl. Förster a.D., Kell; Marchand,
Joh., Rentner, Trier; Dr. Mosler,
Hermann, Seminarprofessor und Landtagsabgeordneter, Trier; Müller, Franz, Wirth, Conz; Müller,
Heinrich, Rechtsanwalt und Stadtverordneter, Trier; Müller-Vanvolxem, Gerbereibesitzer, Trier; Müller, Friedrich, Tuchfabrikant, Trier; Müller, Matthias, Oekonom, Kürenz; Patheiger, F.G., Kaufmann, Trier; Patheiger, Jos., Kaufmann und Landtagsabgeordneter, Trier; Dr.
Reis, prakt. Arzt, Trier; Resch
II., Joseph, Ackerer, Bescheid; Schilken,
Joh.Jos., Kaufmann, Trier; Schirm,
Pastor, Welschbillig; Dr.
Schütz, Ludwig, Seminarprofessor, Trier; Dr.
Seber, Joh. Bapt., Rechtsanwalt, Trier“ Aufgaben:
|