17. DIE  SEDAN – FEIER  1895                                                          

“Erinnerungsfeier der 25-jährigen Wiederkehr der Kämpfe und glorreichen Siege des Feldzuges 1870/71 sowie zum Gedächtnis der in letzterem ruhmvoll gefallenen Kämpfer in Saarburg, Bez. Trier”

“Von 9 Uhr ab versammelten sich auf dem Fruchtmarkt die alten Streiter von 1848, 1864, 1866 und 1870/71 und die Krieger-Vereine des Saar- und Moselbezirks, die zugleich ihr Verbandsfest begingen. Feierlicher Gottesdienst in der katholischen und protestantischen Kirche vereinigte sie zunächst in heißem Danke zum Allerhöchsten für die gnadenreiche Beschirmung und Kräftigung des theuren Vaterlandes, im Dank auch für die eigne Rettung aus harter Gefahr. Das Tedeum am Schlusse des Hochamts, aus tausend Veteranen- und Soldatenkehlen, war ein großartiger, erhebender Klang.
Nach beendigtem Gottesdienste ordneten sich Veteranen und Krieger-Vereine wieder auf dem Fruchtmarkte. ... Die Musik des 135. Inf.-Rgt. spielte den Choral “Nun danket alle Gott”, den die Festversammlung andächtig und mit entblößtem Haupte anhörte. Nach dem Ausklingen des Chorals kommandierte der Prem.-Lieutn. der Landwehr a.D. Adolph Reinart aus Saarburg, Veteran von 1866 und 1870/71, “Stillgestanden!” und meldete dem Königl. Landrath Pfeffer von Salomon, Prem.-Lieutn. der Landwehr, das Antreten der Veteranen zum Appell. Landrat Pfeffer von Salomon, in Paradeuniform, betrat darauf die mit Lorbeerbäumen und Tannen sowie mit den Fahnen der Kriegervereine geschmückte Rednerbühne, und hielt mit gezogenem Säbel die Festrede. ...
Dann formierten sich die Veteranen in drei Treffen zum Parademarsch. Der Vorbeimarsch der einst schlachten- und sieggewohnten Männer zeigte recht, wie tief unser ganzes Heerwesen im Herzen des Volkes Wurzel gefasst hat, aus dem heraus es ja auch seine Nahrung und Kraft ziehen muss. Ja, Heer und Volk sind nicht grundverschiedene, widerstreitende Elemente, wie uns die falschen Propheten und gesinnungslosen Schreier in den großen Städten glauben machen wollen. ... Stärker schlagen die Männerherzen an die Rippen, wenn die ehemaligen Soldaten der Tage gedenken, als sie des Königs Rock getragen, als sie mit Gott für König und Vaterland Gut, Blut und Leben einsetzen durften. ... Ehre diesen Wackeren und denen, die mit ihnen eines Geistes sind, ein Pfui aber dem vaterlandslosen – glücklicherweise recht seltenen – Geschmeiß, das uns die Erinnerung an unsere größte Zeit verekeln möchte und unter dem Titel einer nebelhaften Internationalität die Geschäfte des Auslands, unserer Feinde, zu besorgen sich abquält. Im schönen Kreis Saarburg ist dafür kein Feld vorhanden. Das haben die Veteranen bewiesen. ...
Vom Parademarsch wurde unmittelbar zum Festzug durch die Stadt, die Musik an der Spitze, übergegangen, der unter der Burg am städtischen Turnplatz Halt machte und dort von Sanitätsrat Dr. Hecking, der ebenfalls die Feldzüge 1866 und 1870/71 mitgemacht, begrüßt wurde ...
Danach begaben sich die Veteranen mit ihren Offizieren und den Festgästen in geschlossenem Zuge ... zu dem ihnen vom Kreise Saarburg bereiteten Festmahle im Saarburger Hof, die Kriegervereine zu ihrem Festessen in der Villa Thinnes “Zur schönen Aussicht”. An wenig Orten unseres lieben Vaterlandes mögen am 1. Sept. so viele Menschen zusammen getafelt haben als in Saarburg, wo im großen Saal und angrenzenden Garten des Saarburger Hofes weit über 800 Personen speisten. (Nach dem “Kaisertoast” durch den Geheimen Regierungsrat Naumann aus Trier wurden verschiedene Reden gehalten: Die Tischrede hielt Bürgermeister Hahn, es folgten die Dankesrede der Veteranen durch den Veteran Rheinart, der Toast auf die Armee durch den Kreisdeputierten Alff aus Taben, danach die Ansprache des Veteranen Sauerwein aus Orscholz, der ein Ehrendenkmal zur Erinnerung an die Gefallenen des Kreises forderte, und schließlich brachte der Landrat einen Toast auf die deutschen Frauen aus.) ...
Dank der freundlichen Hilfe der Musikvereine Orscholz und Zerf entwickelte sich auch in der Villa Thinnes eine fröhliche Stimmung, die sich gegen halb fünf auf den Festplatz verpflanzte. Auf diesem schön geschmückten Platz ... versammelte sich gegen 5 Uhr wieder alles, was feierte. ... Namens des Saar- und Moselbezirks übergab Herr Bürgermeister Hahn den beiden ältesten Krieger-Vereinen Saarburg und Orscholz, die durch ihre Wirksamkeit und Organisation für die jüngeren Vorbild gewesen, prachtvolle Fahnenbänder. ...
Damit war der offizielle Teil der Feier erledigt, um so ungebundener – im besten Sinne des Wortes – machte sich die folgende Festesfreude Luft. In gehobenster Stimmung flutete alles, wohl 4000 Personen, ohne Unterschied von Rang und Alter durcheinander, alte Bekanntschaften wurden aufgefrischt, neue angeknüpft, Erinnerungen ausgetauscht, Erlebnisse erzählt. An einem Tänzchen fehlte es auf der Wiese selbstverständlich ebenso wenig wie an den beliebten Musikkünstlerinnen auf Harfe, Gitarre und Geige, und auch die liebe Jugend fand bei allerhand Volksbelustigungen ihre Rechnung. Kein Misston wurde laut, ein Gedanke beseelte die vielköpfige Menge, der, dass wir unentwegt ohne Hass und ohne Furcht das festhalten wollen, was uns vor 25 Jahren des Himmels Huld zugedacht hat. Nur schwer trennten sich, als die einbrechende Dunkelheit zum Aufbruch mahnte, die auswärtigen Veteranen und sonstigen Gäste von der wirtlichen Stätte. ... Im Städtchen selbst aber herrschte noch Stunden lang Freude und Frohsinn und nach echt germanischem Brauch wurde bei Bier und Wein noch manch scharfer Trunk getan.
Nur eine Stimme war überall: So ein erhebendes patriotisches Fest hatten die Mauern Saarburgs noch nicht gesehen! Auf Wiedersehen in 25 Jahren so Gott es will, oder, bescheidener, auf Wiedersehen bei der Einweihung des Kriegerdenkmals in Saarburg. ...
Saarburg, im September 1895.
Pfeffer von Salomon, Kgl. Landrat.”

Am 15. Mai 1898 wurde das geforderte “Kreis-Krieger-Denkmal” auf dem Platz am alten Tunnel ebenfalls feierlich eingeweiht: Es war ein viereckiger, sich nach oben verjüngender Obelisk, an den Seiten wurden die Portraits von Kaiser Wilhelm I., Bismarcks, der Generäle Moltke und Göben angebracht. Als weiteren Schmuck erhielt das Denkmal eine Kaiserkrone, das Eiserne Kreuz sowie einen Adler über der Tafel mit den Namen der Gefallenen des Krieges 1870/71 aus dem Kreis Saarburg, alles in Bronze gegossen. Das Kreis-Krieger-Denkmal diente bis vor dem 2. Weltkrieg als Ehrenmal, auch für die Gefallenen des Weltkrieges von 1914 – 1918. Das nach dem 2. Weltkrieg beschädigte Denkmal wurde in den 50-er Jahren entfernt, an seine Stelle trat 1959 das deutsch-französische Freundschafts – Denkmal mit folgendem Text in französischer und deutscher Sprache:

 “Die Einheiten der Panzerkampfgruppe Nr. VII, die seit dem 1. Dezember 1951
hier in Garnison liegen, bringen den Einwohnern der Stadt Saarburg hiermit
ihre Zuneigung und Dankbarkeit für den beispielhaften Geist des Verständnisses
zum Ausdruck, den sie stets in den deutsch-französischen Beziehungen gezeigt haben.

 9. August 1959
"

Die Stadt errichtete 1960 ein neues Ehrenmal für die Gefallenen auf dem Burgberg.

Fragen zum Text:

  1. Woran erinnert die “Sedanfeier” von 1895 in Saarburg ?

  2. Stelle das offizielle Festprogramm zusammen. Welche Personen und Personengruppen nehmen daran teil ? Ordne sie nach zivilem, militärischem und sozialem Rang. Was fällt dir dabei auf ?

  3. An dem Fest versammelten sich auch “die alten Streiter von 1848, 1864, 1866 und 1870/71”. An welchen historischen Ereignissen/Kriegen hatten diese Veteranen teilgenommen? Was fällt dir dabei auf ?

  4. Warum hat man außer denen von 1870/71 auch die anderen eingeladen ?

  5. Untersuche den Text auf die politische Einstellung des Verfassers: Worauf ist er stolz, wen oder was bekämpft er ?

  6. Versuche, eine Festrede eines der Redner zu entwerfen: Wie muss sie aufgebaut sein, wie ist ihre Grundstimmung ?

  7. Ein Geschichts-/Sozialkunde – Projekt: Diskutiert folgenden Fall, als ob  ihr der Stadtrat von Saarburg wärt: Eine Bürgerinitiative hat den Antrag gestellt, das alte Krieger – Denkmal wieder auf eigene Kosten zu errichten. Lest dazu die folgenden Informationen, denkt an die Entstehung und Geschichte des Denkmals und führt eine Debatte durch, in der das Für und Gegen die Wiedererrichtung diskutiert und anschließend durch Abstimmung entschieden werden muss !

Literaturnachweis: Pfeffer von Salomon, Kgl. Landrat:  Erinnerungsfeier der 25-jährigen Wiederkehr der Kämpfe und glorreichen Siege des Feldzuges 1870/71 sowie zum Gedächtnis der in letzterem ruhmvoll gefallenen Kämpfer in Saarburg, Bez. Trier, Saarburg 1895 (Text wie Foto: Privatarchiv Heidt).-