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22. SAARBURG 1933 Das Bild, eine Postkarte, stammt vom März 1933. Fundort: G. Heidt, Auch hier bei uns: Chronik II, S. 113.- Aufgaben:
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Die nachfolgenden Texte beinhalten Wahlaufrufe des Zentrums und der NSDAP aus dem Kreis Saarburg:
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Zentrumspartei: Wähler und Wählerinnen des Kreises Saarburg! In Massen wird ein Flugblatt, unterzeichnet von dem bekannten Dr. Limbourg, im Kreise verbreitet, das in seinen Angriffen gegen die Kreisverwaltung und deren Chef jede Form des Anstandes vermissen lässt. Die Zentrumspartei rückt mit Abscheu und Ekel von dieser demagogischen Art des Wahlkampfes ab und erklärt, dass sie es für alle Zukunft ablehnen muss, mit einer Partei Dr. Limbourg (Redaktionelle Anm.: Gemeint ist der Spitzenkandidat der Liste ”Für Ordnung und Sparsamkeit”, den die Rechtsparteien einen ”Separatisten” schimpften.) im Kreistage zu arbeiten. Wenn es in der Kreisverwaltung Missstände gegeben hat, so war es in der Vergangenheit einzig und allein die Zentrumspartei, die dagegen aufgetreten ist, energisch, aber immer auf dem Boden des Rechts und des Gesetzes und stets in maßvoller, anständiger Form. Und so wird sie es auch in Zukunft halten. Der Vertreter der nationalsozialistischen Arbeiterpartei hat in den vier Jahren, in denen er schon im Kreistage sitzt, auch nicht ein einziges Mal den Mund aufgetan, um seinerseits zu irgendwelchen wichtigen Fragen Stellung zu nehmen, um vorhandene Missstände zu beheben oder für die notleidende Bevölkerung einzutreten. Wähler und Wählerinnen! Richtet Euch nicht nach Schlagworten! Der Kreis Saarburg gehört zu den Kreisen, die mit die wenigsten Steuern bezahlen. Wem ist das zu verdanken? Doch nur der Mehrheit im Kreistag, und diese hatte die Zentrumspartei. So soll es bleiben. Darum jede Stimme der Zentrumspartei, der Liste Nr. 4 auf allen Wahlvorschlägen. Der Kreisparteichef. Die vorliegenden Texte stammen aus dem Kreis Saarburg:
___________________________________________________ Fundort für beide Texte: R. Müller, Geschichte der Stadt Saarburg im 19. und 20. Jahrhundert: Chronik I, S. 294f.- |
NSDAP: Bauern, Winzer, Arbeiter, Mittelstand! Nationalsozialisten und Freunde unserer Bewegung! Am 5. März hat die Hitlerbewegung einen überwältigenden Sieg errungen. Im Kreise Saarburg haben fast 9000 Wähler ihr Treuebekenntnis für den Führer der Bewegung, Reichskanzler Adolf Hitler abgelegt. Gebt uns dieses überwältigende Vertrauen auch bei den Kreistagswahlen am 12. März 1933. - Auch in den Kreisparlamenten muss der siegreiche Vormarsch der Bewegung des Volkskanzlers A. Hitler marschieren. Zweierlei tut im Kreise Saarburg Not: Gebt uns am 12. März die bald 9000 Stimmen des 5. März - und es ist mit der Alleinherrschaft und Missregierung des Zentrums im neuen Kreistage aus. Wir kämpfen für die Aufhebung der Landesbürgermeistereien und für die restlose Selbstverwaltung der Gemeinden. Wir erstreben: Ordnung, Sauberkeit und Vereinfachung der Verwaltung. Damit erreichen wir erhebliche Verminderung der Kommunalverwaltungskosten und der Steuerlasten. Die Gemeinden müssen entlastet werden, durch Streichung der überflüssigen Landbürgermeister. Wir setzen an ihre Stelle die Selbstverwaltung durch möglichst ehrenamtliche Vorsteher. Weg mit den besoldeten Bürgermeistern, die, alle wie sie da sind, die Gemeinden bis zum Zusammenbruch belasten. Daher keine Stimme dem Zentrum, das es fertig brachte, in Zeiten tiefsten Elends überflüssige Sportplätze und Jugendheime zu bauen, aber nichts weiter für die notleidende Landwirtschaft und das Gewerbe übrig hatte, als das, was nach Erfüllung der eigenen Wünsche noch als kärglicher Rest übrig blieb. Keine Stimme der Liste Limbourg, der wohl Sauberkeit predigt, aber im Jahre 1923 - als deutsches freies rheinisches Land verhandelt werden sollte, sowohl allgemeine wie persönliche Sauberkeit mehr wie vermissen ließ. Gebt uns eine starke Vertretung im neuen Kreistage. Es ist unsere Bitte
und gleichzeitig ein Gebot der Stunde. Im Auftrag der Nat. Soz. Arb. des Kreises Saarburg: Freiherr von Breiten-Landenberg, als bish. Mitgl. des Kreistages. |
Bei diesen Kommunalwahlen errang die NSDAP im Saarburger Stadtrat die absolute Mehrheit, im Kreistag allerdings nur 9 von 22 Sitzen. Im Kreis ordnete Landrat Freiherr von Mirbach, der im Wahlkampf in die Kritik der Kandidaten der Liste "Für Ordnung und Sparsamkeit" geraten war, die Verhaftung der drei in den Kreistag gewählten Vertreter dieser Liste Dr. Limbourg an, die auch in zwei Fällen vollzogen wurde. In Folge dieser Maßnahme und mit Hilfe eines rechtskonservativen Kreistagsmitgliedes und des Mitglieds einer freien Liste, der sich sofort danach der NSDAP-Fraktion anschloss, erreichte die NSDAP auch hier die Mehrheit.
Die NSDAP in der Kreistagssitzung vom 20.4.1933:
Wir haben nichts von dem vergessen, was man in den letzten
Jahren wider die Bewegung und ihre Träger hier im Kreise unternommen hat. . . .
Die Verleumdungen und Anschuldigungen und die Art ihres Kampfes hat uns hart
gemacht. Wir werden nicht eher ruhen und rasten, bis der letzte Widerstand hier
gebrochen ist. Es gibt nur eins für uns, entweder mit uns, oder gegen uns. Wir
werden sorgsam darüber wachen, dass die heimlichen Gegner des
Nationalsozialismus in unseren Rattenfallen enden. Wenn vielleicht der eine oder
der andere denkt, es geht vielleicht etwas langsam mit der Aufräumungsarbeit im
Kreise Saarburg, dann kann ich Ihnen versichern, es kommt jeder an die Reihe.
Fundort: G. Heidt, Auch hier bei uns: Chronik II, S.
115.-
Kurz danach berichtet das Saarburger Kreisblatt über den 8.5.1933:
Der vom Kreistag des Kreises Saarburg eingesetzte
Untersuchungsausschuss hat bei der Nachprüfung über die Verwendung der vom
Kreise und von der Stadt Saarburg an die hiesige Staatliche Oberschule in den
letzten Jahren gezahlten Zuschüsse Verfehlungen des Studiendirektors Dr. Treitz
festgestellt. Auf Antrag des Untersuchungsausschusses hat das hiesige
Amtsgericht die sofortige Untersuchungshaft gegen ihn angeordnet.
Fundort: G. Heidt, Auch hier bei uns: Chronik II, S.
115.-
Am Anfang des nächsten Jahres:
Laut Mitteilung des Herrn Regierungspräsidenten in Trier hat die Gauleitung der N.S.D.A.P. meine Versetzung in den Ruhestand auf Grund des § 6 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums beantragt. Meinem Anschlussantrage entsprechend hat die Dienstaufsichtsbehörde mit Wirkung vom Montag, den 8. Januar 1934 ab meine Beurlaubung verfügt. Mit meiner Vertretung sind bis zur anderweitigen Regelung vorläufig beauftragt worden:
für die Stadt Saarburg: Herr I. Beigeordneter Justizinspektor Faller
für das Amt Saarburg-Land: Herr I. Beigeordneter Freiherr v. Breiten-Landenberg
in Bilzingen.
Saarburg, den 5. Januar 1934
Der Bürgermeister
Dr. Rosiny
An die Herren Beamten und Angestellten des Bürgermeisteramtes in Saarburg
zur gefl. Kenntnis!
Vor meinem Scheiden aus Saarburg werde ich noch Gelegenheit nehmen, mich von
meinen langjährigen Mitarbeitern zu verabschieden.
Dr. Rosiny
Fundort: G. Heidt, Auch hier bei uns: Chronik II, S.
119.-
Aufgaben:
Literatur: Stadt Saarburg (Hg.), Saarburg.
Geschichte einer Stadt, 2 Bde (zitiert: Chronik), Saarburg 1991.-
Gymnasium Saarburg (Hg.), 1887 – 1987. Vom Lehrerinnenseminar zum Gymnasium,
Saarburg 1987.-Beide Schriften können auch zur Ermittlung weiterer
Einzelschicksale, z. B. das des Leiters des Saarburger Gymnasiums, Dr. Treitz,
herangezogen werden.
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Das Bild zeigt den Erntedanktag am 1.10.1933 in Saarburg. (aus: Saarburg, Chronik II, S. 152.-)
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